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Aus dem F&F: Cash Pooling

19.08.2025
Julian Opp
Rechtsanwalt / Partner
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– Bedeutung für die Zahlungsfähigkeitsprüfung und Haftungsrisiken für die Organe –

In Konzernen kommt es häufig vor, dass nur die Konzernobergesellschaft eine externe Finanzierung aufnimmt und die hierdurch gewonnene Liquidität bedarfsgerecht an ihre Tochtergesellschaften weiterreicht. Oft erfolgt dies in Kombination mit einer Cash Pool-Abrede, im Rahmen derer die auf den Konten der Tochtergesellschaften jeweils vorhandenen Guthaben tagaktuell abverfügt und auf einem Masterkonto der Konzernmutter als Cash Pool-Führerin zusammengezogen werden. Besteht bei einzelnen Tochtergesellschaft am Geschäftstagesende dagegen ein Debetsaldo, wird dieser durch Übertragung von Guthaben von dem Masterkonto ausgeglichen. So werden in der Regel täglich die Konten der Cash Pool-angeschlossenen Tochtergesellschaften auf „0“ gestellt (zero-balancing) und die im Konzern vorhandene Liquidität bei der Konzernobergesellschaft gebündelt (echtes Cash Pooling).

Häufig gibt es hierfür vertragliche Abreden zwischen den Konzerngesellschaften untereinander (Cash Pool- oder Cash-Management-Vereinbarungen) sowie zwischen den Konzerngesellschaften und der kontoführenden Bank, damit diese die Umbuchungen zur „Glattstellung“ der Konten automatisch vornehmen kann.

Es gibt aber insbesondere in kleineren, loseren Unternehmensgruppen auch die Usance, dass die Gruppenunternehmen Liquiditätsbedarfe innerhalb der Gruppe ohne echte vertragliche Cash Pool-Abreden durch manuelle Darlehensvergaben innerhalb der Unternehmensgruppe ausgleichen.

Rechtlich werden Cash-Transfers im Rahmen eines Cash Poolings als Darlehen (§ 488 BGB) qualifiziert, d.h. wenn eine Tochtergesellschaft (per Saldo) Liquidität an die Cash Pool-führende Konzernmutter transferiert, stellt dies eine Darlehensausreichung der Tochter an die Mutter dar („up-stream-loan“), wenn dagegen umgekehrt die Mutter (per Saldo) Liquidität an ihre Tochtergesellschaft ausleiht, stellt dies ein Darlehen der Konzernmutter an die Tochtergesellschaft dar („down-stream-loan“).

Finanzwirtschaftlich werden mit einem Cash Pooling v.a. Zinsvorteile angestrebt, denn durch die Bündelung der Liquidität bei der Konzernobergesellschaft kann diese zum einen Guthabenzinsen erwirtschaften und erhält bei alleiniger Aufnahme einer Fremdfinanzierung zum anderen bessere Zinskonditionen, während bei den Tochtergesellschaften die Aufnahme teuren Fremdkapitals oder das Entstehen von Überziehungszinsen vermieden wird.

Die Behandlung von Cash Pool-Systemen im Rahmen der Liquiditätsplanung begegnet allerdings gewissen praktischen Problemen.

Häufig zu beobachten ist, dass die Liquidität in solchen Fällen nur noch auf Konzernebene geplant wird, getreu dem Motto: „Wenn der Konzern durchfinanziert ist, ist auch die jeweilige Einzelgesellschaft durchfinanziert.

Unter Haftungsgesichtspunkten ist dies jedoch durchaus gefährlich, denn wie das Kammergericht Berlin entschieden hat, kann sich der Geschäftsführer einer konzernangehörigen Tochtergesellschaft im Haftungsprozess wegen verbotener Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife (§ 15b InsO) nicht dadurch exkulpieren, dass ein externes Gutachten das Vorliegen von Insolvenzgründen auf Konzernebene ausgeschlossen habe. Denn ein Konzerninsolvenzrecht bestehe in Deutschland nicht, vielmehr müsse die Zahlungsunfähigkeit für jede Konzerngesellschaft selbst bestimmt werden. Ein Gutachten, welches die Insolvenzreife nur auf Konzernebene beurteile, stelle daher schon keine taugliche Grundlage für die Exkulpation des Geschäftsführers dar (KG, Urt. v. 28.04.2022 – 2 U 39/18).

Diesem „Trennungsprinzip“, nach dem insolvenzrechtlich jede konzernangehörige Gesellschaft separat zu betrachten ist, trägt auch der IDW Standard: Anforderungen an Sanierungskonzepte (IDW S 6) Rechnung, wenn es um die Beurteilung der Sanierungsfähigkeit eines Konzern geht.

Die Sanierungsfähigkeit setzt nach dem IDW S 6 auf einer 1. Stufe die Fortführungsfähigkeit und auf einer 2. Stufe die (Wiederherstellung) der Wettbewerbsfähigkeit voraus. Fortführungsfähigkeit bedeutet hierbei nicht mehr und nicht weniger als das Vorliegen einer positiven Fortbestehensprognose im Sinne einer überwiegend wahrscheinlichen Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit, die allerdings nicht nur im 12-monatigen Prognosezeitraum des § 19 InsO, sondern aus der ex-ante-Sicht für die gesamte Dauer des Sanierungszeitraums vorliegen muss.

Geht es nun um die Sanierungsfähigkeit eines Konzerns, ist die Fortführungsfähigkeit für jedes einzelne Konzernunternehmen (das nach dem Konzept fortgeführt werden soll) eigenständig zu prüfen, wohingegen die Wettbewerbsfähigkeit aufgrund der regelmäßig bestehenden leistungswirtschaftlichen Verflechtungen auf Ebene des Konzerns als Ganzes zu beurteilen ist (vgl. Fragen und Antworten: Zur Erstellung und Beurteilung von Sanierungskonzepten nach IDW S 6 (F & A zu IDW S 6), Stand: 13.12.2023, Abschnitt 2.10).

Dennoch kann die Liquiditätslage der einzelnen Konzerngesellschaften natürlich nicht völlig losgelöst von der Konzernliquidität beurteilt werden, da die Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit der jeweiligen Cash Pool-angeschlossenen Tochtergesellschaft insbesondere beim echten Cash Pooling davon abhängig ist, dass ihr die zur Erfüllung ihrer Zahlungspflichten benötigte Liquidität aus dem Cash Pool zur Verfügung gestellt wird.

Es müssen also de facto zwei Finanzplanungen nebeneinander gestellt werden: Zunächst die Finanzplanung der einzelnen Cash Pool-angeschlossenen Konzerngesellschaft, aus der sich die Liquiditätsbedarfe ergeben, die zur Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit gedeckt werden müssen. Zum anderen die Konzernliquiditätsplanung, aus der sich unter Berücksichtigung der verfügbaren Liquidität und fälligen Verbindlichkeiten aller (übrigen) konzernangehörigen Gesellschaften ergibt, wie viel freie Liquidität im Konzern maximal vorhanden ist und auf die einzelnen Konzerngesellschaften verteilt werden kann (vgl. IDW Standard: Beurteilung des Vorliegens von Insolvenzeröffnungsgründen (IDW S 11), Stand: 13.12.2023, Tz. 49).

Ist im Prognosezeitraum der Zahlungsfähigkeitsprüfung ausreichend freie Liquidität im Konzern vorhanden, können entsprechende Zahlungszuflüsse aus dem Cash Pool in der Finanzplanung der Cash Pool-angeschlossenen Konzerngesellschaft berücksichtigt werden. Genügt die freie Liquidität dagegen nicht, um die Liquiditätsbedarfe aller konzernangehörigen Gesellschaften zu decken oder kann die Liquiditätslage anderer Konzerngesellschaften nicht ohne Weiteres eingeschätzt werden, muss der Geschäftsführer der Cash Pool-angeschlossenen Tochtergesellschaft weitere Untersuchungen anstellen, um die Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit „seiner“ Gesellschaft beurteilen zu können, denn bei einem Liquiditätsmangel im Konzern kann nicht mehr unterstellt werden, dass sämtliche Konzerngesellschaften fortgeführt werden können.

Zahlungszuflüsse aus dem Konzern dürfen von dem Geschäftsführer der Cash Pool-angeschlossenen Tochtergesellschaft bei der Beurteilung der Zahlungsfähigkeit planerisch grundsätzlich nur berücksichtigt werden, wenn diese rechtlich hinreichend sicher sind. Hiervon kann in der Regel ausgegangen werden, wenn es vertragliche Abreden über die Durchführung des Cash Poolings im Konzern gibt, aus denen sich entsprechende Ausstattungsansprüche der Tochtergesellschaften ableiten lassen.

Fehlt es an solchen vertraglichen Beziehungen, verlangen die Gerichte, dass ein faktisch praktiziertes Cash Pooling-System hinreichend verfestigt und nach außen hervorgetreten sein muss, damit sich aus dem Cash Pooling ergebende Zahlungsansprüche gegen die Cash Pool-Führerin in der Finanzplanung aktiviert werden dürfen. Zudem müsse erkennbar sein, dass im Rahmen des faktischen Cash Poolings durchsetzbare Rechtsansprüche im Konzern gewollten gewesen seien (OLG Frankfurt, Urt. v. 10.09.2024 – 5 U 237/20, Tz. 77; KG, Urt. v. 28.04.2022 – 2 U 39/18, Tz. 25). Eine Abrede genereller Art, sich je nach finanzieller Lage der Gruppengesellschaften Liquidität zur Verfügung zu stellen, sei insofern nicht hinreichend, um einen konkret durchsetzbaren Rechtsanspruch zu begründen.

Vor diesem Hintergrund ist dringend zu empfehlen, ein gruppeninternes Cash Pooling (Liquiditätsmanagement) auf vertraglicher Basis zu organisieren, denn im Nachhinein (im Haftungsprozess) noch nachweisen zu wollen, dass auch ohne vertragliche Beziehungen rechtsverbindliche Ansprüche etabliert werden sollten, dürfte sehr, sehr schwierig werden.

Haftungsrisiken ergeben sich beim Cash Pooling v.a. für die Organe der Cash Pool-angeschlossenen Tochtergesellschaften, die ihre Liquidität „nach oben“ zur Konzernmutter und damit (mittelbaren) Gesellschafterin transferieren.

Handelt es sich bei den beteiligten Gesellschaften oder jedenfalls den Cash Pool-angeschlossenen Tochtergesellschaften um Kapitalgesellschaften (z.B. GmbH, AG). können Cash-Transfers der Tochtergesellschaft an die Cash Pool-führende Konzernmutter die Kapitalerhaltungsregeln (§§ 30 GmbHG, 57 AktG) tangieren, nämlich dann, wenn das Reinvermögen (Eigenkapital) der Tochtergesellschaft durch den Cash-Transfer unter die Stammkapitalziffer (gezeichnetes Kapital) sinkt.

Da im Rahmen der Kapitalerhaltungsvorschriften eine bilanzielle Betrachtungsweise maßgeblich ist, bestimmen § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG und § 57 Abs. 1 S. 3 AktG, dass eine Darlehensausreichung der Tochtergesellschaft an die Muttergesellschaft (up-stream-loan) im Rahmen des Cash Pooling mit Blick auf die Kapitalerhaltung unschädlich ist, wenn der Rückzahlungsanspruch gegen die Muttergesellschaft werthaltig ist. Denn dann liegt bei einer bilanziellen Betrachtungsweise nur ein Aktivtausch (Liquidität gegen Forderung) vor.

Ebenso sind up-stream-loans unter dem Blickwinkel der Kapitalerhaltung unschädlich, wenn zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag im Sinne von § 291 Abs. 1 AktG besteht. Denn dann ist die Muttergesellschaft verpflichtet, Verluste der Tochtergesellschaft auszugleichen, wodurch aus Sicht der Gläubiger ein den Kapitalerhaltungsregeln gleichwertiges Schutzniveau gewährleistet wird, so lange der Verlustausgleichsanspruch werthaltig ist.

Das bedeutet aber auch, dass ein Liquiditätstransfer der Tochtergesellschaft an die Muttergesellschaft im Rahmen des Cash Poolings das Stammkapital (gezeichnete Kapital) dann wieder angreifen kann, wenn der Rückzahlungs- oder Verlustausgleichsanspruch gegen die Muttergesellschaft nicht mehr werthaltig ist, weil diese finanziell selbst angeschlagen ist. Erfolgen in diesem Stadium weitere Liquiditätstransfers an die Muttergesellschaft, die dann mangels werthaltigem Gegenanspruch das Stammkapital (gezeichnete Kapital) angreifen, kann der Geschäftsführer der Tochtergesellschaft nach § 43 Abs. 3 S. 1 GmbHG bzw. § 93 Abs. 3 Nr. 1 AktG in Höhe des abgeflossenen Betrages haften.

Die Geschäftsleiter der Cash Pool-angeschlossenen Tochtergesellschaften sind daher schon im ureigenen Interesse zur Vermeidung von Haftungsgefahren in Zusammenhang mit den Kapitalerhaltungsregeln gehalten, die Bonität der Cash Pool-führenden Konzernmutter bzw. des Cash Pools insgesamt laufend zu überwachen.

Aus der im Gesetz niedergelegten bilanziellen Betrachtungsweise folgt, dass nicht jede Darlehensgewährung an Ihre Muttergesellschaft per se verboten ist, insbesondere, wenn sich der Rückgewähranspruch gegen den Gesellschafter aus der ex-ante-Perspektive als werthaltig erweist.

Die Rechtsprechung verlangt als Ausfluss der allgemeinen Sorgfaltspflichten eines Geschäftsleiters (§§ 43 Abs. 1 GmbHG, 93 Abs. 1 AktG) aber, dass die Geschäftsleiter der Tochtergesellschaft die Bonität der Muttergesellschaft und damit die Werthaltigkeit des Rückzahlungs- oder Verlustausgleichsanspruchs laufend überwachen. Insbesondere, wenn langfristige Darlehen gewährt werden oder ein konzernweites Cash Pooling praktiziert wird, macht dies nach Meinung der Rechtsprechung die Einrichtung eines geeigneten Informations- oder Frühwarnsystems zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft erforderlich (OLG Hamm, Urt. v. 25.01.2023 – 8 U 153/21; BGH, Urt. v. 01.12.2008 – II ZR 102/07).

Bei sich andeutender Bonitätsverschlechterung der Muttergesellschaft müssen die Geschäftsleiter der Tochtergesellschaft umgehend reagieren und Sicherheiten fordern bzw. die Teilnahme am Cash Pool kündigen und den Rückzahlungsanspruch durchsetzen. Unterlassen Sie dies, kann dies wiederum nach allgemeinen Vorschriften (§§ 43 Abs. 2 GmbHG, 93 Abs. 2 AktG) zur Haftung führen.

Auch aus diesem Grund empfiehlt sich, das Cash Pooling auf Basis eines vertraglichen Regimes zu organisieren, in dem zugleich die Auskunfts- und Informationsrechte geregelt werden, die es den Geschäftsleitern der Cash Pool-angeschlossenen Tochtergesellschaften ermöglichen, ihren Überwachungspflichten nachzukommen.

Ist die Cash Pool-angeschlossene Tochtergesellschaft selbst in einer finanziellen Krise, kann die Aufrechterhaltung des Cash Pools zur Haftung der Geschäftsleiter der Tochtergesellschaft nach § 15b InsO führen.

Nach § 15b Abs. 1 S. 1 InsO dürfen die Geschäftsleiter einer haftungsbeschränkten Gesellschaft nach Eintritt der Insolvenzreife, d.h. der Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO) oder der Überschuldung (§ 19 InsO), grundsätzlich keine Zahlungen zu Lasten des Gesellschaftsvermögens mehr leisten bzw. veranlassen. Weitere Liquiditätstransfers von den Konten der Tochtergesellschaft auf die Konten der Muttergesellschaft können daher insbesondere im Rahmen des echten Cash Poolings unmittelbar zur Haftung der Geschäftsleiter nach §§ 15b Abs. 1 S. 1, Abs. 4 S. 1 InsO führen. Die Geschäftsleiter müssen die Gesellschaft daher unverzüglich vom Cash Pool abkoppeln, um eine potenzielle Haftung wegen weiterer Liquiditätsabflüsse zu verhindern.

Für den auch im Rahmen des Cash Poolings regelmäßig vorliegenden Spezialfall von Zahlungen an Gesellschafter verlagert § 15b Abs. 5 InsO den haftungsrelevanten Zeitraum zeitlich sogar nach vorne. Nach dieser Vorschrift haften die Geschäftsleiter – unabhängig von den Kapitalerhaltungsregelungen und einer bereits eingetretenen Insolvenzreife – für Zahlungen an Gesellschafter, die zur Zahlungsunfähigkeit der Tochtergesellschaft führen mussten. Für das Eingreifen der zeitlich vorgelagerten Haftung nach § 15b Abs. 5 InsO ist nicht erforderlich, dass die Zahlung an den Gesellschafter unmittelbar zur Zahlungsunfähigkeit der Tochtergesellschaft führt, es muss sich aber im Moment der Zahlung klar abzeichnen, dass die Gesellschaft bei normalem Verlauf der Dinge künftig ihre Verbindlichkeiten nicht mehr wird erfüllen können. Bei einer solchen Sachlage einer negativen Liquiditätsprognose dürfte häufig allerdings auch schon eine Überschuldung (§ 19 InsO) vorliegen, so dass der Spezialvorschrift des § 15b Abs. 5 InsO neben § 15b Abs. 1 InsO nur ein kleiner eigenständiger Anwendungsbereich verbleibt.

Auch wenn die Mehrzahl der Haftungsrisiken im Rahmen eines Cash Poolings bei den Organen der Cash Pool-angeschlossenen Tochtergesellschaften liegt, sind auch die Or­gane der Cash Pool-führenden Muttergesellschaft nicht gänzlich frei von Haftungsge­fahren in Zusammenhang mit dem Cash Pooling.

Dass mit der Einbindung konzernangehöriger Tochtergesellschaften in ein konzernwei­tes Cash Pooling eine immanente Gefahr für die Cash Pool-angeschlossenen Tochter­gesellschaften einhergeht, dass ihnen die für das eigene Überleben notwendige Liqui­dität zugunsten des Konzern-Cash Pools entzogen wird, liegt auf der Hand. Erfolgt der für die Tochtergesellschaft nachteilige Cash-Transfer an die Konzernmutter auf Veranlassung der Konzernmutter, können deren Organe unter Umständen ebenfalls haften. Woraus sich diese Haftung im Einzelnen ergibt, ist rechtsdogmatisch allerdings umstritten und hängt nicht zuletzt von der rechtlichen Organisation des Konzernverbundes bzw. des Abhängigkeitsverhältnisses ab.

Besteht zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft ein Beherrschungsvertrag, so können und dürfen die Organe des herrschenden Unternehmens den Organen des abhängigen Unternehmens grundsätzlich – auch nachteilige – Weisungen erteilen (§ 308 AktG).

Wird der Cash Pool-angeschlossenen Tochtergesellschaft in einer finanziellen Krise auf Veranlassung der Konzernmutter allerdings weiter Liquidität im Rahmen eines Cash Pools entzogen, die sie zum eigenen Überleben braucht, und wird die Cash Pool-angeschlossene Tochtergesellschaft hierdurch in ihrer Existenz gefährdet oder kommt es gar bereits zur Verletzung der Zahlungsverbote des § 15b InsO, kommt eine Haftung der Organe des herrschenden Unternehmens gegenüber der abhängigen Tochtergesellschaft nach § 309 AktG in Betracht, da existenzgefährdende (kompensationslose) Weisungen unzulässig sind. Daneben können nach § 310 AktG auch die Organe der abhängigen Gesellschaft gesamtschuldnerisch haften, die eine rechtswidrige Weisung nicht hätten befolgen dürfen.

Auch ohne Bestehen eines Beherrschungsvertrages kann ein Abhängigkeitsverhältnis (§ 17 AktG) zwischen Unternehmen bestehen, insbesondere kraft gesellschaftsrechtlicher Mehrheitsverhältnisse zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft (faktischer Konzern). Erleidet das abhängige Unternehmen infolge einer Einflussnahme des herrschenden Unternehmens einen Nachteil, so ist dieser Nachteil innerhalb desselben Geschäftsjahres auszugleichen (§ 311 Abs. 1 AktG) oder dem abhängigen Unternehmen zumindest ein Rechtsanspruch auf Nachteilsausgleich einzuräumen (§ 311 Abs. 2 AktG).

Unterbleibt dieser Nachteilsausgleich, so haften sowohl das herrschende Unternehmen (§ 317 Abs. 1 AktG) als auch dessen Organe (§ 317 Abs. 3 AktG) gesamtschuldnerisch gegenüber dem abhängigen Unternehmen für den entstandenen Schaden.

Nicht erforderlich ist, dass die Einflussnahme in Form einer förmlichen Weisung erfolgt, es genügt jede erkennbare Form der Einflussnahme, die die Organe der abhängigen Gesellschaft erkennbar zu einem bestimmten Verhalten veranlasst. Insofern kann auch die irgendwie geartete Veranlassung der Organe der Tochtergesellschaft zur Gewährung eines up-stream-loans im Rahmen des Cash Poolings ein Nachteil sein, insbesondere wenn die Rückzahlung des Darlehens aus dem Cash Pool im Veranlassungszeitpunkt nicht mehr hinreichend sicher ist.

Für den faktischen GmbH-Konzern gelten die §§ 311 ff. AktG nach herrschender Meinung allerdings nicht entsprechend, da diese Vorschriften mit dem Abhängigkeitsbericht als zentralem Baustein nicht ohne Weiteres auf die GmbH übertragbar sind.

Im faktischen GmbH-Konzern werden daher im Großen und Ganzen ähnliche Lösungen über das Institut der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht, die es dem Gesellschafter verbietet, seinen Einfluss treuwidrig (§ 242 BGB) zum Nachteil der konzernfreien Minderheitsgesellschafter und der abhängigen Gesellschaft auszuüben, oder die Existenzvernichtungshaftung (§ 826 BGB) gesucht. Beide Institute begründen im Grundsatz erst einmal nur einen Anspruch der abhängigen GmbH gegen die herrschende Gesellschaft, die sich aber ggf. im Innenregress (§ 43 Abs. 2 GmbHG) bei ihren Geschäftsführern schadlos halten kann, wenn deren schuldhaftes und pflichtwidriges Verhalten dafür gesorgt hat, dass sich die herrschende GmbH einem Schadensersatzanspruch der abhängigen Gesellschaft ausgesetzt sieht.

Das konzernweite Liquiditätsmanagement (Cash Pooling) ist ein finanzwirtschaftlich sinnvolles (Binnen-)Finanzierungsinstrument, steckt bei zunehmenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten der beteiligten Rechtsträger aber voller haftungsrechtlicher Fallstricke.

Den Beteiligten ist anzuraten, das Cash Pooling von Anfang an auf klarer vertraglicher Grundlage zu organisieren und ein transparentes Berichtswesen zu installieren, das es den Organen der beteiligten (Tochter-) Gesellschaften ermöglicht, die Bonität des Konzern-Cash Pools, in den laufend Liquidität transferiert wird, zu überwachen.

Bei Anzeichen von wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die Zweifel an der weiteren Erfüllung der wechselseitigen Ansprüche aus dem Cash Pool aufkommen lassen, sind die Beteiligten gehalten, unverzüglich zu prüfen, ob sie einzelne Gesellschaften gegebenenfalls vom Cash Pool abkoppeln oder diesen insgesamt auflösen müssen oder ob gerade dies eventuell zu einer Existenzgefährdung führen könnte.